Metamorphose (1) – (4)

Metamorphose (1)

Im Tagtraum gefangen
zunächst.
Die Erinnerung erweitert
die Welt;
nicht nur Inbegriff dessen,
was ist,
sondern realer Riß,
um Veränderung zu ermöglichen.

(Januar 2016)

Metamorphose (2)

In-der-Welt-sein ist
immer auch In-der-Zeit-sein.
Kosmos und Chronos
entsprechen einander,
sind anfang- und endlos.
Aber Leben auf der Erde
ist sterblich und erblich zugleich:
das Gesetz der Reproduktion.

Metamorphose (3)

Menschen sind sterbliche Schöpfer,
sie wissen um ihren Tod.
Sie vermögen Ewigkeit zu denken,
nicht als Endlosigkeit
(dieses Missverständnis kennen sie auch),
sondern als zeit-loser, geglückter
Augenblick.
Diese Erfahrung bleibt vorläufig:
die Aufhebung von Tod und Vergänglichkeit
sind das Wesen der Utopie.

Metamorphose (4)

(4.1) Ausblick

Religion verschwindet nicht,
aber als Rückbindung bleibt sie
an Metaphysik und Erinnerung gebunden.
Religion als Exodus und Erwartung in Geschichte
bedarf der Übersetzung und Umkehr.
(Stichwort: Orthopraxie statt Orthodoxie)

(4.2) Praxis

Befreiung und Autonomie
sind die Elemente des Hoffens
auf Erlösung in einer verdinglichten,
entfremdeten, unerlösten Welt.
Probleme werden in der Zeit gelöst,
Erlösung kennt nur Ewigkeit.
Zugang schafft allein
absolute Machtlosigkeit:
hoffen gegen alle Hoffnung:
erfahren als konkrete Utopie,
vertrauen im Schweigen.