Der Bundesminister der Verteidigung stellt immer wieder die Frage, ob – und erhebt die Forderung, dass – die Bundeswehr „kriegstüchtig“ werden muss. Er will damit Stärke in der Sprache als verantwortlicher Politiker zeigen, löst meiner Überzeugung nach dadurch Missverständnisse und unverantwortliche Emotionen aus.
Das Grundgesetz kennt allein die Friedenssicherung und den Verteidigungsfall. Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben zu stören, insbesondere die Vorbereitung eines Angriffskrieges, sind verfassungswidrig und stehen unter Strafe (Artikel 26).
Der Verteidigungskrieg ist und bleibt eine Notmaßnahme, die natürlich effektiv vorbereitet sein muss. Aber diese Maßnahme ersetzt keine Bemühung um Frieden, geschweige denn, dass sie friedliche Verhältnisse und einen vertraglichen Frieden schafft. Frieden muss verhandelt, durchgesetzt und gesichert werden. Das ist die primäre Aufgabe verantwortlicher Politik.
Maßnahmen der Schaffung, Sicherung und Erhaltung von Frieden und Maßnahmen des effektiven Grenzschutzes und der Verteidigung schließen sich nicht aus, sondern müssen sich ergänzen. Diese Verknüpfung ist für mich als aufgeklärten, pragmatischen Pazifisten entscheidend, da ich an der Utopie des „ewigen Friedens“ festhalte, „Krieg“ niemals ein Mittel zu irgendeinem Zweck sein kann. Aber der Friede zwischen Menschen, Staaten und in der Gesellschaft muss stets wieder durchgesetzt werden; auf der Basis von Menschenwürde und Menschenrecht – und mit Empathie.
Wer Kriegstüchtigkeit zur Norm erhebt, verletzt die Menschenwürde. Wer Macht ausübt und diese Ausübung missbraucht, muss entmachtet und in einem gerechten Verfahren bestraft werden. Demokratische Staaten und Gesellschaften kennen und praktizieren legale Machtausübung auf Zeit. In ihnen werden Verbrechen gesetzmäßig geahndet, ohne Menschenwürde und Menschenrechte außer Kraft zu setzen. Das ist meine Überzeugung eines pragmatischen Pazifismus.